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Bike-Boom und Waldkrise: Wird das neue Bundeswaldgesetz das Radfahren im Wald beschränken?

11.09.2024

Etwa ein Drittel von Deutschland ist mit Wald bedeckt. Kein Wunder, dass viele Menschen an Wald denken, wenn sie „Natur“ hören. Eigentlich beste Voraussetzung für naturnahes Radfahren auf Trekking-, Gravel- und Mountainbikes. Doch das Ökosystem Wald steht vor immensen Herausforderungen. Das führt zu starken Auswirkungen auf das Radfahren im Wald.

Die Ausgangslage: Wald unter Stress

Eurobike Media Days 2019

Laut aktuellem Waldzustandsbericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sind vier von fünf Bäumen krank. Zunehmende Trockenheit und Hitze aufgrund des Klimawandels führen zu massiven Schäden. Die Bedrohung durch Borkenkäfer, Stürme und Waldbrände steigt.  

Vielerorts sind intensive Holzeinschläge deshalb unumgänglich. Sie verändern das Ökosystem und das Landschaftsbild schon heute in vielen deutschen Regionen. Das hat direkte Auswirkungen auf Radtouren und Bike-Trails im Wald. 

Die Nachfrage: Mountainbiken und Graveln boomen weiter

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Dabei ist die Ausgangslage für ein stabiles Wachstum im Mountainbike- und Gravelsegment sehr gut. Schon seit Jahren haben Wald und Natur im Urlaub und in der Freizeit Hochkonjunktur. Gut ein Drittel der Deutschen hat Interesse am Radfahren im Urlaub. Die stärksten Zuwächse in den letzten fünf Jahren verzeichnet die Urlaubsaktivität Mountainbiken. Die guten Verkaufszahlen von Gravelbikes vergrößern die Zielgruppe weiter. 

Von vielen unbemerkt, hat das Mountainbike schon lange sogar dem Fußball den Rang abgelaufen: Gut 16 Millionen Deutsche fahren gern auf naturnahen Wegen und Trails MTB – knapp drei Millionen mehr als Fußball spielen. Längst ist der Rad- und Bike-Tourismus deshalb ganz nach dem Vorbild der Alpen zu einem Hoffnungsträger für die Saisonverlängerung und den Ganzjahrestourismus geworden. 

„Radfahren und Mountainbiking im Wald ist pure Erholung. Und das soll auch so bleiben. […] Ja, wir arbeiten an einem neuen Waldgesetz. Aber natürlich gewährleisten wir weiter Erholung und Sport im Wald. Und dazu gehört auch das Mountainbiking.“

Welche Änderungen könnte ein neues Bundeswaldgesetz bringen? 

Das Bundeswaldgesetz setzt die Rahmenbedingungen für den Zugang zum Wald. Laut aktueller Gesetzeslage darf auf Straßen und Wegen im Wald Rad gefahren werden. Die Bundesländer können weitere Einschränkungen vornehmen. In Baden-Württemberg beispielsweise ist das Radfahren derzeit nur auf Wegen von mindestens 2 m Breite gestattet, was de facto attraktives Mountainbiken und Graveln zum Bußgeldtatbestand macht. Diese und andere Reglementierung auf Landesebene fördern mitunter soziale Konflikte zwischen Radfahrenden und anderen Waldnutzenden. 

Wie also können regionale Wegenetze für die nächsten Jahrzehnte sinnvoll organisiert werden – unter Berücksichtigung aller berechtigten Interessen aus Grundbesitz, Forstwirtschaft, Jagd, Naturschutz, Freizeit und Tourismus, Sport und angesichts zunehmend angespannter öffentlicher Haushalte? 

In der Praxis be- und verhindern regelmäßig Maximalforderungen gute Kompromisse für die verbesserte Zugänglichkeit und den Betrieb der Infrastruktur. Dies führt zur Zementierung des Status quo – mit allen ungewünschten Konsequenzen. Denn die Menschen finden „ihre“ Wege, ob erlaubt oder nicht und erst recht digital. Die Aufgabe von kommunaler Verwaltung und Tourismus ist es, die verschiedenen Ansprüche in einen verträglichen und vorteilhaften Einklang zu bringen, so dass alle Interessensgruppen mit gutem Gefühl „draußen“ unterwegs sein können.  

Die laufende Novellierung des Bundeswaldgesetzes gibt dazu neue Impulse. Hier war es aus Sicht der Fahrrad- und Tourismuswirtschaft wichtig, sich weit vor der im Sommer 2024 anstehenden öffentlichen Verbändeanhörung zu engagieren. Das Bike Nature Movement, die Initiative von ZIV – Die Fahrradindustrie, Mountainbike Forum Deutschland und Deutscher Initiative Mountainbike, hat dies in Zusammenarbeit mit vielen anderen Verbänden aus Tourismus, Outdoor-Industrie, Sport und Naturschutz erfolgreich getan. In einem Grußwort zum 8. Deutschen Mountainbike-Kongress Anfang Juli im Pfälzerwald ließ Bundesminister Cem Özdemir die Fachteilnehmenden wissen:  

„Die Förderung des Radfahrens darf nicht am Waldrand enden! Darauf können und werden wir im Verlauf dieses Jahres mit dem Bike Nature Movement aufbauen.“

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Dennoch sind die Details zum Betretungsrecht mit dem Rad noch nicht geklärt und bedürfen weiterhin der aktiven Aufmerksamkeit der Verbände. Zusätzlich sind die Veränderungen im Bund erst der Anfang. Die Überarbeitung von Landesgesetzen, beispielsweise in Baden-Württemberg und im Freistaat Sachsen, ist bereits angekündigt. 

Inhaltlich sollten dabei dem lokalen Ermessen mehr Raum eingeräumt werden. Durch Erprobungsparagrafen und Vereinbarungen können Lösungen flexibel getestet werden. Gerade dem häufig angeführten, meist gemutmaßten Konfliktpotenzial zwischen Nutzungen kann so wirkungsvoll begegnet werden. Auch für weitere Verzögerungsgründe wie Haftungsfragen, Erosion und Unterhalt existieren erprobte Lösungen – von vertraglichen Gestaltungen über Rahmenhaftpflichtversicherungen für Wegehalter bis hin zu professionalisierter Wegepflege, um nur einige zu nennen. 

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